
Im zweiten Teil unserer Serie über den Verzehr von Hundefleisch im Bezirk Tha Rae in der Provinz Sakhon Nakhon gehen wir der Frage nach, woher die Tradition stammt, Hunde als Nahrungsquelle anzusehen.
Vietnamesische Wurzeln
Viele Einheimische sind sich einig, dass der Verzehr von Hundefleisch in Tha Rae und Sakon Nakhon eine Tradition ist, die ihre Wurzeln in Vietnam hat. Zu ihnen gehören auch Thuangsit Phongpit, ein Einwohner von Tha Rae und Facebook-Administrator der Provinzhauptstadt Sakon Nakhon sowie Assistenzprofessor Sathit Pakmaluk vom Kunst- und Kulturinstitut für Sprache an der Universität Sakon Nakhon Rajabhat.
„Der Glaube und die Kultur des Verzehrs von Hundefleisch stammen aus Vietnam“, sagte Thuangsit. „Vietnamesen, die nach Thailand eingewandert sind, haben ihre Kultur mitgebracht. In Thailand wurde das Fleisch oft ‚gebackener Hund’ genannt. Vor allem junge Männer verzehrten das Gericht zusammen mit hochprozentigem Schnaps. Nur sehr wenige Frauen haben das gegessen.“
Der Brauch, Hundefleisch zu essen, kann mit den kulturellen und spirituellen Praktiken der Vietnamesen in Verbindung gebracht werden. Es wird geglaubt, dass Hunde heilige Kräfte haben, und dass Familien durch den Verzehr von Hundefleisch oder das Opfern von Hunden Unglück loswerden können. Der Verzehr von Hundefleisch ist auch ein Brauch zu besonderen Anlässen wie dem Ende eines Mondjahres.
Dem israelischen Wissenschaftler Nir Avieili zufolge wird das Fleisch auch mit vietnamesischer Männlichkeit in Verbindung gebracht und hat seine Wurzeln im Konfuzianismus.
Tha Rae hat starke vietnamesische Bindungen, da viele vietnamesische Einwanderer bereits im späten 19. Jahrhundert während der französischen Kolonialzeit in den Bezirk Tha Rae zogen.
Die vietnamesische Einwanderergemeinde von Sakon Nakhon ist auch heute noch sichtbar, beispielsweise in Restaurants, die vietnamesischen Filterkaffee und Banh Cuon (vietnamesische Reisrollen) anbieten. Auch die Architektur älterer Gebäude in der Stadt ist im vietnamesisch-französischen Kolonialstil gehalten.
Im Fall von Tha Rae wurde Hundefleisch mit dem Zustrom vietnamesischer Einwanderer sehr beliebt. Viel später wurde Tha Rae auch als Zentrum des Hundefleischhandels in den 1970er und 1980er Jahren bekannt. Der Handel mit Hundefleisch brachte hohe Gewinne ein.
„Der Hundefleischhandel begann um 1972/1973 zu boomen“, sagte Sathit. Das hielt bis in die 1980er Jahre an. Die Vietnamesen in Tha Rae und Sakon Nakhon waren Investoren. Wenn die Hunde in der Gegend knapp wurden, gingen sie durch den gesamten Isan und nach Laos und Vietnam.“
Von den 1970er bis zu den 1980er Jahren waren „rot ma laek ku“ oder „Hund-für-Eimer-Tauschwagen“ im gesamten Isan ein alltäglicher Anblick. Die Menschen tauschten Eimer gegen ihre Hunde. Die meisten Leute tauschten „‚böse Hunde’ – Hunde, die Menschen bissen oder bösartig waren – gegen Wassereimer ein“, sagte Sathit.
Die Hunde wurden nach Tha Rae gebracht – und auch woanders hin. Der Bezirk wurde zum „Verkehrsknotenpunkt für den internationalen Hundehandel“, sagte Thuangsit.
Die Hunde wurden überallhin verschifft – sowohl lokal in Sakon Nakhon als auch international nach Laos und Vietnam. Vietnam war der größte Abnehmer. Der internationale Handel mit Hundefleisch war „ein internationales Geschäft mit mehreren Millionen Baht.“
Der internationale Handel mit Hundefleisch begann „mit dem Verzehr von Hundefleisch, der das Geschäft ins Rollen brachte“, fuhr Thuangsit fort. „Viele Menschen haben sich daran beteiligt, weil sich damit gutes Geld verdienen ließ. Im Laufe der Zeit gab es Kampagnen gegen den Verzehr von Hundefleisch. Nur noch einige wenige essen es.“
Aufgrund der vielen vermissten Hunde und des lokalen Bewusstseins für den Hundehandel brachten die Menschen in ganz Thailand die Provinz mit Hundefleisch in Verbindung.
Die Einheimischen in Sakon Nakhon wurden aufgrund des internationalen Hundefleischhandels stigmatisiert und vom Rest Thailands als Sünder angesehen, auch wenn in Wirklichkeit nicht sehr viele Menschen Hundefleisch aßen.