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Die Serienkritik

Die Serienkritik

The Offer (USA 2022)

Wenn ich ein bestimmtes Genre sehe, dann frage ich mich manchmal, ob dieses eine bestimmte Genre eigentlich das beste Genre überhaupt ist. So summieren sich im Laufe der Zeit langsam die Genres, die ich für die Besten halte.

Eines dieser Genres: „Film im Film“.

Es gibt wirklich großartige Filme über die Filmbranche. Was fällt mir da auf Anhieb ein?

„The Player“ von Robert Altman. Der Regisseur schafft es, den Film über die Filmbranche gleichzeitig als Thriller rüber zu bringen. „The Player“ ist m.E. der beste Film über die Filmbranche.

Da fällt mir noch der französische Film „Die amerikanische Nacht“ von Francois Truffaut ein. Er erzählt in seinem Film davon, wie schwierig es ist, einen Film zu drehen.

Hoch im Kurs bei Cineasten steht „Cinema Paradiso“ von Giuseppe Tornatore. Der Film ist eher kein Film über die Filmbranche, sondern über die Liebe zum Film bzw. zum Kino in Gestalt des Kinos Paradies.

Bei „The Offer“ handelt es sich um eine Serie über die Filmbranche im Allgemeinen und über die Entstehung des Films „Der Pate“ im Besonderen.

Minutiös wird Episode für Episode erzählt, wie „Der Pate“ zustande kam. Angefangen damit, dass Pate-Autor Mario Puzo keine Bücher verkaufen konnte und ihm geraten wurde, einen Roman über die Mafia zu schreiben. Das würde bei den Lesern besser ankommen.

Aus dem Buch wurde ein Drehbuch und aus dem Drehbuch einer der besten Filme aller Zeiten. Wie kam es dazu, was ist genau passiert? Davon handelt diese Serie.

Als Cineast könnte ich mich in die Serie hineinlegen und mich wochenlang in ihr suhlen. Man guckt sich die Serie an, dann im Anschluss den Film (natürlich!), und dann noch mal die Serie. Nur: Wie oft will man denn das wiederholen?

Ich frage mich, wie die Schauspieler ausgewählt wurden. Studioboss Evans sieht aus wie Evans, Pacino sieht 100 Prozent aus wie Pacino. Coppola sieht derartig aus wie Coppola, dass ich erst dachte, Coppola spielt sich selbst. Und wenn man ein Auge zudrückt, sieht Brando aus wie Brando. Wie haben die das gemacht? Es ist nicht nur das Aussehen: Die schauspielerische Leistung aller Beteiligten ist absolut umwerfend.

Es geht aber nicht nur um den Paten, sondern auch um das System Hollywood Anfang der 70er Jahre. „New Hollywood“ war in Gestalt von „Bonnie und Clyde“ (Arthur Penn, 1967) und „Die Reifeprüfung“ (Mike Nichols, 1967) gerade erst erfunden worden – und Filme veränderten sich von da an rasant.

Allein die Filme, die in „The Offer“ erwähnt werden, lassen jedes Cineasten-Herz höher schlagen: „Love Story“ (Arthur Hiller, 1970), „The French Connection“ (William Friedkin, 1971), „The Getaway“ (Sam Packinpah, 1972), „Paper Moon“ (Peter Bogdanovich, 1973), „Chinatown“ (Roman Polanski, 1974). Von mir für jeden dieser Film eine dicke Empfehlung!

Der Beginn der 70er Jahre war eine Sternstunde des Kinos, und die Serie „The Offer“ feiert diese Sternstunde, diese Liebe zum Kino und die Liebe zum Film. Und ja: Es ist jedes Opfer recht, um einen guten Film zu drehen!

Das ist eine weitere Ebene der Serie: Es gibt Männer, die würden ihrer wunderbaren französischen Freundin mit diesem entzückenden Akzent nach Paris hinterher laufen. Und dann gibt es Männer, die sagen: Ich mach erst mal meinen Film. Alles andere ist mir egal.

For All Mankind (USA 2019-2022)

For All Mankind ist m.E. die beste Drama-Serie, die es zurzeit gibt. Mit gleichzeitigen Science-Fiction-Elementen.

Hier geht es keinesfalls nur um Raumfahrt, sondern eher um zwischenmenschliche Beziehungen unter besonderer Berücksichtigung des großen Ganzen.

Es geht es um Familien, das Verhältnis zwischen Ehe- und anderweitigen Partnern, um Seitensprünge, um die Frage, was man mit seinem Leben anfangen soll, ob man glücklich ist oder etwas anders machen könnte. Es geht um die Beziehung zwischen Eltern und Kindern und wie Eltern mit den Erinnerungen an ihre Kinder umgehen und wie Kinder mit den Erinnerungen an ihre Eltern umgehen. Dann geht es in dieser US-Serie natürlich auch noch um die Frage der Hautfarbe. Hier ist beinahe alles drin.

Und auf dieses Fundament wurde dann noch die Science-Fiction-Geschichte bzw. die alternative Version unserer Gegenwart drauf gepackt. Es geht darum, wie die Welt aussehen würde, wenn nicht die Amerikaner, sondern russische Kosmonauten auf dem Mond gelandet wären.

Drei Staffeln gibt es bislang. In der ersten Episode der dritten Staffel spielt eine Raumstation die Hauptrolle, die sich um die eigene Achse dreht – ich musste dabei dauernd an den Filmklassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ denken und war sichtlich abgelenkt.

Die dritte Staffel spielt viele Jahre nach der ersten Staffel. Was haben die Maskenbildner gemacht? Sie haben die Haare aller Protagonisten entweder ganz grau gefärbt oder zumindest ein paar Strähnen. Fertig ist der Lack. Da hätte man sich ein wenig mehr Mühe geben können, finde ich.

In der dritten Staffeln erreichen die Protagonisten den Mars. Was das nicht alles passiert. Es ist einfach nur unglaublich! Da wurde ein uralter dramaturgischer Trick angewandt, indem eine der Figuren sagt: „Was auf dem Mars passiert ist ja der totale Affenzirkus!“ Sogleich fühlt sich der Zuschauer in seiner Meinung bestätigt. Dabei vergisst er dann gern, dass ein Affenzirkus auch dann ein Affenzirkus bleibt, wenn einer der Protagonisten das sagt und den Zuschauer in seiner Meinung bestätigt.

Von diesen Kleinigkeiten abgesehen, handelt es sich insgesamt um eine grandiose Serie. Daher besteht „Binge-Watching“-Gefahr. Ab Teil 3 konnte ich nicht mehr aufhören. Genau das ist mir bei den ersten beiden Staffeln auch schon passiert.

Man sollte die ersten beiden Staffeln im Kopf haben, wenn man sich die dritte Staffel ansieht, weil es einen ständigen Bezug gibt. Daher empfehle ich: Die Serie noch einmal von Anfang an sehen und 30 Folgen lang großen Spaß haben.

Post source : JC

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