Header Banner

Ich muss erst meine Frau fragen

Ich muss erst meine Frau fragen

Sie kennen vielleicht folgende Situation: Sie sitzen mit einem gestandenen Mann zusammen, besprechen etwas – ob privat oder geschäftlich spielt keine Rolle – und kommen zu einem Ergebnis, mit dem beide Gesprächspartner einverstanden sind. Doch dann sagt der Mann: Ich muss erst meine Frau fragen.

Es scheint, dass Männer, die nach Pattaya kommen, nichts mehr entscheiden dürfen

Ein typischer Westler im Einkaufszentrum. Nicht mehr der Allerjüngste, übergewichtig, T-Shirt, knielange Cargo-Hosen, Sandalen oder Schlappen, vielleicht auch weiße Socken. Er schiebt den Einkaufswagen, seine 40 Jahre jüngere Begleiterin (warum ist ein Klischee ein Klischee?) trippelt vorneweg, greift ab und zu in ein Regal und wirft dies und das in den Einkaufswagen.

Der Mann steuert Richtung Backwarenabteilung, weil er ein Auge auf die Brötchen geworfen hat. Er nimmt fünf, packt sie in eine Tüte und lässt sie auspreisen. Die Verkäuferin belehrt ihn, dass ein halbes Dutzend Brötchen gerade im Angebot seien. Wenn er ein sechstes Brötchen nehme, zahle er für dieses sechste Brötchen nur ein paar wenige Baht mehr.

Der Mann begutachtet die Tüte mit den Brötchen, er begutachtet die Verkäuferin. Seine Augen wandern wieder Richtung Tüte. Von diesen leckeren Dingern würde er locker noch eines mehr verputzen können. Sechs statt fünf! Seine Augen leuchten.

Dann nimmt er der Verkäuferin die Tüte aus der Hand und sagt: „Ich muss erst meine Frau fragen.“

Später. Die Tüte mit fünf Brötchen liegt im Einkaufswagen, der inzwischen von der jungen Frau geschoben wird.

Sie ist noch keine 30 Jahre alt, stammt auf dem Nordosten Thailands, genauer gesagt aus der Provinz Surin. Nach der Grundschule, die in Thailand sechs Jahre dauert, beendete sie ihren Bildungsweg, half sie ihrer Familie auf den Feldern. Sie baute Reis an und erntete ihn auch, sie zapfte Gummibäume an und pflückte Chilischoten.

Die Mutter, die nie aus ihrem Dorf herausgekommen war, wusste alles über die Welt und übernahm nach der Grundschule die weitere Ausbildung ihrer Tochter.

Die dann irgendwann das Reisfeld ein Reisfeld sein ließ und nach Pattaya kam, um mehr Geld zu verdienen. Auf die Frage nach ihrem Beruf, sagt sie immer: „Ich habe einen Farang.“

Der Farang, den sie hat, verlässt sich vollkommen auf seine Frau. In seiner Heimat machte er Abitur, studierte Betriebswirtschaft und baute ein Unternehmen auf. Als er sich aus dem Arbeitsleben zurückzog, beschloss er, sich in Thailand zur Ruhe zu setzen.

Trotz des Altersunterschiedes und der damit ungleichen Lebenserfahrung, trotz der Ungleichheit in der Bildung, fragt er immer seine Frau, wenn es etwas zu entscheiden gibt. Und wenn es sich nur darum handelt, ob er fünf oder sechs Brötchen kaufen soll.

Die Frau weiß mit ihren sechs Jahren Grundschule einfach alles besser als er, der Abitur hat und jahrzehntelang eine Firma leitete.

Wenn es um Ausgaben geht, von denen die Frau nicht direkt profitiert oder sie der Meinung ist, ihr Vorteil sei bei diesen Ausgaben zu gering, dann ist sie dagegen. Es ist immer so. Das Geld des Mannes sieht sie als ihr eigenes an. Warum sollte er Geld für Dinge ausgeben, von denen sie nichts hat und ihren Anteil am Kuchen verkleinern? Da kann sie nur dagegen sein.

Sie isst keine Brötchen, daher werden nicht sechs, sondern fünf Stück gekauft.

Der Mann fürchtet Ärger und Auseinandersetzungen, vielleicht sogar Liebesentzug. Und das wegen eines Brötchens! Das will er alles nicht, daher tut er, was ihm gesagt wird. Er gehorcht ohne Widerrede.

Er geht sogar noch einen Schritt weiter. Wenn eine finanzielle Entscheidung ansteht, und ist sie noch so klein, sagt er in vorauseilendem Gehorsam: „Ich muss erst meine Frau fragen.“ Und wenn er sich ausnahmsweise etwas leistet, das nur für ihn ist, sagt er: „Meine Frau darf nicht davon erfahren.“

So ein Typ wie er kauft mit Genuss sechs Brötchen, wenn er allein einkauft. Damit es aber nur fünf sind, wenn er zu Hause ankommt, isst er heimlich eines unterwegs.

Weitere Kolumnen exklusiv in der HALLO-Ausgabe Februar. Bitte beachten Sie unser Angebot für ein Jahresabonnement.

HALLO-Jahresabonnement für nur 1500 Baht

Post source : Axel Schönberger

Beiträge