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Die Serienkritik: The Dropout, WeCrashed, Borgen

Die Serienkritik: The Dropout, WeCrashed, Borgen

The Dropout (USA 2022)

Es kommt immer nur auf die Idee an. Selbst mit einer nicht funktionierenden Idee kommt man in der heutigen Welt weit, wenn man diese gut verkaufen kann.

Hier handelt es sich um eine wirklich gute Idee: Ein kleines Gerät untersucht ein paar Tropfen Blut von Patienten und teilt sogleich die Diagnose mit.

Eine äußerst sympathische junge und hübsch anzusehende Frau, was ihr die ganze Zeit zugute kommt, geht mit dieser Idee hausieren. Ihren rund 100 Jahren älteren (Vaterkomplex) indischen Freund, der total cholerisch ist, versteckt sie aus gutem Grund lieber.

Sie haut alle Investoren übers Ohr, doch irgendwann kommt der große Knall.

Vielleicht hat der eine oder andere in der Zeitung über den Fall gelesen, hier die Langversion der wahren Geschichte im Serienformat. Die umtriebige Geschäftsfrau wurde kürzlich von einem US-Gericht zu über elf Jahren Haft verurteilt.

Am besten gefiel mir, wie sie an einer Stelle versucht hat, als Studienabbrecherin (Dropout) eine ihrer ehemaligen Professorinnen von ihrer Idee zu überzeugen. Dabei zitiert sie „Star Wars“. Die Professorin daraufhin etwas konsterniert: Dieser Yoda weiß alles übers Universum, aber von Grammatik hat er keine Ahnung.

Diese weisen Worte verfolgen die Protagonistin – oder eher Antagonistin – die ganze Serie über.

WeCrashed (USA 2022)

Keine Idee ist zu bescheuert als dass man mit ihr keine Millionen Dollar verdienen könnte. Nach „The Dropout“ die nächste Minderleistung.

Ein total unsympathischer Typ hat mit seiner noch unsympathischeren Freundin die supertolle Hammer-Idee: Büroräume werden im Rahmen des Slogans „WeWork“ in der Weise gestaltet, dass alle Büros zusammengelegt werden. Da gibt es weder Zimmer noch Arbeitsnischen, sondern nur eine riesige Halle, in der es wenig Arbeit, aber dafür viel Spaß gibt: eine Bar und eine Muckibude ohne Wände, ein dies und ein das, Musik und Tanz und einen als Bumsbutze missbrauchten Lagerraum.

Um viel Geld zu machen muss sehr viel mehr Geld ausgegeben werden. In dieser Serie wird das im Moment gültige System vorgeführt und gezeigt, wie es an seine Grenzen stößt. Auf Dauer geht das natürlich wie bei „The Dropout“ nicht gut.

Sie konnte in der vorgenannten Serie mit ihrem Charme und ihren riesigen kindlichen Augen die Investoren bei Laune halten, in „WeCrashed“ schafft er das mit seinem salbungsvollen Gequatsche.

Kurz gesagt: Der Unterschied zwischen den Serien ist: Sie ist in „The Dropout“ derartig sympathisch, dass man ihr alles verzeiht. Was das Pärchen in „WeCrashed“ betrifft, sind Geldgeber und Partner jahrelang auf diese Luftnummer hereingefallen, weil ihnen gesagt wurde, im Himmel sei Jahrmarkt und das alle glaubten.

Nach „The Dropout“ kam mir das hier vor wie ein Remake unter anderen Vorzeichen.

Borgen (Dänemark 2010-2022)

Die dänische Serie Borgen (ab 2010) ist m.E. die beste Politserie aller Zeiten. Zumindest, was die ersten beiden Staffeln betrifft. Alles, was man über Politik wissen will, wird dem Zuschauer durchaus unterhaltsam näher gebracht. Und all das ohne zu dick aufzutragen wie beispielsweise in „House of Cards“.

Die dritte Staffel von Borgen war leider Mist, weil deutlich wurde, dass diese auf Biegen und Brechen produziert wurde – unter Außerachtlassung der Vorgaben der ersten und zweiten Staffel.

Ein Dutzend Jahre später jetzt die viertel Staffel. Es wurden so ziemlich alle Schauspieler aus den ersten beiden Staffeln aktiviert – mit Ausnahme des Stars der damaligen Serie: Spindoktor Kasper Juul, gespielt von Pilou Asbaek, der inzwischen ein Weltstar ist. Leider nicht dabei und damit schon mal Punktabzug.

Beherrscht wurden die ersten Staffeln auch von der Journalistin Katrine Fönsmark, gespielt von Birgitte Hjort-Sörensen. Sie spielt eine völlig überarbeitete Frau, die irgendwie zwischen Borderline und Bipolar schwankt. Ein Bild des Jammers!

Ihr wurde ein neuer Ehemann zur Seite gestellt, gespielt von Lars Mikkelsen (Bruder von Mats). In der gesamten Staffel hat er so um die zehn Sätze. Wie man einen derartig guten Schauspieler so verbrennen kann, frage ich mich noch heute.

Positiv will ich die Synchronfassung hervorheben, denn alle haben dieselben Synchronstimmen wie vor zwölf Jahren. Das ist alles andere als selbstverständlich.

Am besten hat mir Sidse Babett Knudsen gefallen, die auch in dieser Staffel die Hauptrolle spielt. Sie ist eine grandiose Schauspielerin und rettet, was zu retten ist.

Im Gegensatz zu den ersten Staffeln, in denen es in jeder Folge einen Schwerpunkt gab, wird hier eine einzige Geschichte erzählt: auf Grönland wird Öl gefunden. Da ahnt jeder, wie der Hase läuft: Es geht los mit Klimagedöns, wird zwischendurch ganz spannend, und endet mit Klimagedöns.

Vielleicht sollte man alte Sachen – noch dazu Meilensteine der skandinavischen Seriengeschichte – nicht noch einmal aufwärmen.

Wer die Serie nicht kennt: Unbedingt die ersten beiden Staffeln ansehen.

Post source : JC

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