
Coda (USA 2021) hat den Oscar in der Kategorie „Bester Film“ gewonnen. Da schaue ich mir den mit Vergnügen einmal ganz genau an.
Die Hauptrolle spielt eine Jugendliche, die einen tauben älteren Bruder und taube Eltern hat. Ihr Vater und ihr Bruder sind Fischer, doch sie will Sängerin werden.
Das führt kurz gesagt zu allerlei Komplikationen, die dem Zuschauer auf leicht-flockige Art serviert werden. Mitunter sehr komisch, oft mit sozialkritischen Untertönen wie Benachteiligung von Minderheiten, Mobbing an der Schule, Schrumpfen von Fischgründen oder Fischer abzockende böse Kapitalisten. Diese Woke-Thematiken werden zum Glück an der kurzen Leine gehalten. Und zum wunderbaren Schluss löst sich aller Herzschmerz auf und die ganze Familie ist happy happy, und der Zuschauer darf die eine oder andere Freudenträne vergießen. Hach, wenn das Lebe nur so schön wäre wie bei der Familie Rossi.
Die Hauptdarstellerin war mir im irgendwie schnurzpiepegal, sie ist so blass, dass es mir einfach wurscht war, was aus ihr, also aus der Figur Ruby Rossi, wurde bzw. werden würde. Der Schauspieler, der die männliche Hauptrolle spielt, ist so charismatisch wie ein Stück Kreide, das auf der Tafel quietscht.
Zum Nachteil der beiden Hauptfiguren gereicht auch eine phantastisch besetzte Nebenrolle – nämlich die des Vaters Frank Rossi (Troy Kotsur, der den Oscar für die beste männliche Nebenrolle bekam).
In Wokistan darf man ja nur noch sich selbst spielen, das heißt, die drei Tauben in der Familie sind taube Schauspieler. Der Musiklehrer, der einen Amerikaner mit mexikanischem Migrationshintergrund spielt, wurde in Mexico City geboren. Er fällt durch Overacting auf und versucht, hier eine Ein-Mann-Show durchzuziehen, was misslingt.
Falls sich jemand fragt, was der Filmtitel bedeutet: CODA steht für „Children Of Deaf Adults“ (Kinder tauber Eltern).
Der Film mag ja insgesamt ganz nett sein, und man kann ihn sich durchaus ansehen. Aber hat er einen Oscar als bester Film des Jahres verdient? Nun ja …
Ganz untergegangen bei dem ganzen Oscar-Gewese ist zudem, dass es sich bei diesem Film um ein Remake handelt. Regisseurin Sian Heder bekam den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch. Doch woher stammt das Original?
Nun, das Original heißt „Verstehen Sie die Béliers?“ Ein französischer Film aus dem Jahr 2014.
Wenn man Original mit Remake vergleicht, fällt auf, dass bis auf wenige Ausnahmen das Drehbuch 1:1 übernommen wurde. Es gibt Szenen, die gleichen sich wie ein Ei dem anderen.
Die größte Abweichung: Im Original ist der Vater Bauer und lässt sich zur Bürgermeisterwahl aufstellen. Im Remake ist er Fischer und will mit anderen Fischern eine Kooperative gründen, die ihren Fisch selbst verkauft.
Der eine oder andere Witz des Originals wurde im Remake weggelassen oder ausgebaut oder eingeführt – und schwups – schon ist es fertig das oscarreife Drehbuch.
Hätte denn „Verstehen Sie die Béliers?“ damals nicht den Oscar verdient? Zumindest in der Kategorie „Bester internationaler Film“?
Ein guter und ganz typischer französischer Film, bei dem mir besonders die warmherzige Darstellung der Familie gefällt, die teils recht verschroben daher kommt. Da hat der Film durchaus Ecken und Kanten, die, wie es in Hollywood so üblich ist, mit viel Weichspüler weggewaschen oder amerikanisiert wurden.
Im Gegensatz zum Remake ist die Hauptfigur der Paula Bélier ganz phantastisch besetzt (Louane Emera) und der Zuschauer fiebert mit, ob sie das schafft, was sie sich vorgenommen hat.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass es am schlimmsten ist es, wenn ein nicht-amerikanischer Regisseur des ursprünglichen Films in Hollywood seinen eigenen Film ein zweites Mal inszeniert. Bei diesen Remakes kommt immer nur Murks heraus.
So sehr ist das hier nicht ins Auge gegangen, dennoch: Ich empfehle das Original.